Gefährdungen
Hinweise zum schonenden Umgang mit Ackerböden in der Praxis
Flächenverbrauch
Ackerböden umfassen 1/3 der Fläche Deutschlands. Wegen ihres hohen Flächenanteils sind Ackerböden vielfachen Bodennutzungskonkurrenzen und Gefährdungen ausgesetzt. Der Flächenanteil an Siedlungs- und Verkehrsfläche nimmt zurzeit in Deutschland um 55 ha/Tag zu. Dieser Anstieg erfolgt bevorzugt zulasten der Ackerbodenfläche. Dabei werden vor allem Ackerböden mit hoher Bodenfruchtbarkeit in Anspruch genommen, weil diese überwiegend in oder am Rand von Ballungsräumen liegen und für den Neubau von großflächigen Gewerbegebieten, Wohnsiedlungen oder Verkehrsflächen weichen müssen.
Neubau eines Logistik-Zentrums am Westrand des Ruhrgebietes auf (Acker)Parabraunerde aus Lösslehm. Foto: Gerhard Milbert, Kuratorium Boden des Jahres
Landwirte wehren sich gegen die Neuanlage eines 30 ha großen Gewerbegebietes auf Ackerböden am Ortsrand der Stadt Wachtendonk-Wankum, Niederrhein. Foto: G. Milbert, Kuratorium Boden des Jahres
Viele weitere Nutzungen reduzieren oder beeinträchtigen die Ackerbodenfläche. Dies sind z.B. Flächen für Wind- und Solarenergie, ober- und unterirdische Leitungstrassen, die Flächenzunahme an Waldboden, Naturschutzflächen, Kompensationsflächen, Flächen für Sport und Freizeit, für Glashäuser und Anbau von Zierpflanzen auf Folie, Sand- und Kiesabbau.
Abbau von Sanden und Kiesen der Rhein-Maas-Hauptterrasse im Niederrheinischen Tiefland – ursprünglicher Boden: (Acker)Braunerde aus lehmigem Sand. Foto:Gerhard Milbert, Kuratorium Booden des Jahres
Neben Flächenverbrauch und Nutzungsänderungen sind Ackerböden auch durch die ackerbauliche Nutzung gefährdet, wenn diese das Ertragspotential von Ackerböden verringert, wesentliche Bodenfunktionen von Ackerböden einschränkt oder die Umwelt schädigt. Eine nachhaltige Ackerbodennutzung erhält oder verbessert das Ertragspotential sowie wesentliche Bodenfunktionen wie Bodenfruchtbarkeit, Belebtheit des Ackerbodens, Wasserspeicherfähigkeit, Filter- und Pufferfunktion des Bodens, stabile Bodenstruktur und mindert die Verschlämmungs- und Erosionsgefährdung.
Erosion
Bodenerosion ist der Verlust an Bodenmasse durch Wasser, Wind, Bodenumlagerung durch Bodenbearbeitung und Bodenverlust bei Ernteprozessen (Wurzel- und Knollenfrüchte). Nach Angaben des Umweltbundesamtes werden jährlich im Mittel in Deutschland rund 22 Millionen Tonnen von Ackerböden und 1,4 Millionen Tonnen von Weinbergsböden durch Erosion abgetragen. Vermutlich werden Bodenabträge in Folge zunehmender Niederschlagsintensitäten (Klimawandel) noch zunehmen.
Erosion ist neben dem Flächenverbrauch die größte Gefährdung für Ackerböden.
Bodenerosion führt:
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- zu einem Verlust an humus- und nährstoffreichem Feinboden,
- der Zerstörung von Bodenaggregaten und Strukturstabilität,
- der Akkumulation von Bodenmaterial an Hangfüßen und in Senken
- und dem Eintrag von Bodenmaterial in Oberflächengewässer.

Bodenumlagerung an den Hangfuß nach einem Strakregen. Die Pflanzreihen des Maisackers verlaufen hangabwärts und fördern die Erosionsgefährdung. Foto: G. Hornig, Geologischer Dienst NRW
Bodenschadverdichtung
Alle Ackerböden sind im Vergleich zu nicht oder wenig befahrenen Waldböden durch Bodenbearbeitung und Befahrung vordichtet. Die Last schwerer Erntemaschinen wirkt bis in Bodentiefen von 50 cm und mehr und kann durch die Bodenbearbeitung nicht mehr erreicht werden. Durch Verdichten werden vor allem Grobporen zerstört, die für den Gasaustausch und das Wurzelwachstum wichtig sind. Ursprünglich lufterfüllte Poren mit zusammengepresstem Porenvolume sind nun wassererfüllt und Bodenwasser fließt seitlich ab statt zu versickern. Befahren des Bodens im nassem Zustand im Frühjahr und bei der Ernte im Herbst (Mais, Zuckerrüben) sind besonders schädlich.
Folgende Beeinträchtigungen treten auf:
- Das Porenvolumen im Boden wird kleiner.
- Die Durchwurzelbarkeit sinkt.
- Der Lebensraum für Pflanzen und Tiere im Boden wird verschlechtert.
- Erntereste in der Ackerkrume bleiben unverrottet.
- Die Funktion des Bodens als Speicher für Wasser und Gas wird eingeschränkt.
- Die Funktion des Bodens als Filter und Puffer für Qualität und Menge des Grundwassers verschlechtert sich.
- Der Boden bleibt im Frühjahr länger nass und die Zeitspanne für günstige Feldarbeitstage sinkt.
- Der Ackerboden neigt an der Oberfläche zur Verschlämmung.
Durch seitlichen Abzug des Bodenwasser steigt die Erosionsanfälligkeit der Ackerkrume in geneigtem Gelände.
Niederschlagswasser fließt auf der Pflugsohle in flache etwas tiefer liegende Mulden. Ertragsausfälle und Verlust der Befahrbarkeit sind die Folge. Foto G. Milbert, Kuratorium Boden des Jahres
Stoffliche Gefährdungen
Stoffliche Bodenbelastungen entstehen durch den Eintrag von Schadstoffen in oder auch aus Böden. Das sind Stoffe, die aufgrund ihrer Gesundheitsschädlichkeit, Langlebigkeit, Ökotoxizität oder Bioverfügbarkeit die Umwelt schädigen. Ein überhöhter Eintrag von Düngemitteln oder Pflanzenschutzmitteln, die den Bedarf der Pflanzen und die Speicherfähigkeit im Ackerboden überschreiten führt zu Belastungen und Gefährdungen des Bodens und der Umwelt. Grundsätzlich sollte die Bilanz zwischen Nährstoffzufuhr und -entzug durch die Ernte möglichst ausgeglichen sein. Vor allem bei der Stickstoffdüngung wird diese Ausgeglichenheit nicht erreicht. Die Folge sind gasförmige Stickausträge und Auswaschung von Nitrat aus dem Wurzelraum ins Grundwasser und in Oberflächengewässer.
Ein hoher Anteil an Trinkwasserschutzgebieten in den waldarmen Regionen Deutschland wird ackerbaulich genutzt und weist Grundwasser mit deutlich erhöhen Nitratwerten auf. Hier müssen Lösungen entwickelt werden, die eine ackerbauliche Nutzung gewährleisten und gleichzeitig den Nitrataustrag spürbar reduzieren. Da die höchsten Austräge im Winterhalbjahr stattfinden sind Stickstoffspeicher wie Zwischenfrüchte und hohe Humusgehalte hilfreich. Beregnung der Ackerböden während der trockenen Sommermonate müssen optimiert werden, sodass ein zusätzlicher Austrag über das Sickerwasser vermieden wird.
Schutz
Hinweise zum schonenden Umgang mit Ackerböden in der Praxis
Der ungebremste Flächenverbrauch von landwirtschaftlich genutzten Böden für Siedlung und Verkehr muss durch rechtliche Vorgaben (z.B. Bodenschutzrecht, Raumplanungsrecht) spürbar reduziert werden, um die Planungsziele für das Jahr 2030 mit einer Reduktion des Flächenverbrauchs auf 30 ha/Tag und für das Jahr 2050 auf 0 ha/Tag zu erreichen.
Böden mit hoher Bodenfruchtbarkeit, großem Wasserspeichervermögen und hoher Grundwasserschutzfunktion brauchen einen hohen Schutzstatus. Es sind vor allem diese Böden, die gleichzeitig eine hohe Klimastabilität aufweisen. Industriell und urban vorgenutzte Böden (Industriebrachen) sollten bevorzugt für Siedlung und Verkehr genutzt werden. Kompensationsmaßnahmen zum Ausgleich des Bodenverbrauchs sollte in erster Linie die Funktionsfähigkeit der Ackerböden wiederherstellen oder verbessern, ohne den Verbrauch von Ackerböden durch Nutzungsänderungen zusätzlich zu erhöhen.
Maßnahmen zur Verminderung der Bodenschadverdichtung und Erosionsgefährung werden in Veröffentlichungen zur guten fachlichen Praxis in der Landwirtschaft verbreitet. Hierzu gehören Internetseiten und Merkblätter z.B. der Landwirtschaftskammern und der Deutschen Landwirtschaftlichen Gesellschaft (DLG Merkblatt 344). Sie geben viele Anregungen zur Verringerung und Vermeidung von Erosionen, Bodenverdichtungen und standortangepasster Düngung.
Einige Empfehlungen sind hier zusammengestellt:
- Böden keinesfalls im sehr feuchten oder gar nassen Zustand befahren, auch nicht bei konservierender Bodenbearbeitung oder Direktsaatverfahren.
- Durch konservierende Bodenbearbeitung, Mulchsaat oder Direktsaatverfahren wird die natürliche Bodenstruktur mit einem hohen Porenvolumen und mit Krümeln, Subpolyedern und Polyedern besser erhalten.
- Ein möglichst hoher Humusgehalt durch vielseitige Fruchtfolgen, tiefwurzelnde Nutzpflanzen wie Luzerne sowie eine reduzierte Bearbeitungsintensität stabilisiert den Boden. Dabei helfen Zwischenfrüchte und Untersaaten, organische Düngung und das Belassen von Ernterückständen auf dem Acker.
- Regelmäßige Erhaltungskalkung stabilisiert die Bodenstruktur
- Eine große Bodenaufstandsfläche der Maschinen durch Bandlaufwerke, besonders breite Reifen, Zwillingsbereifung, zusätzliche Achsen und Regulierung des Reifeninnendrucks beim Befahren der Ackerflächen verringert die Bodenverdichtung.
- On-Land-Pflügen auf der Krume und nicht in der Ackerfurche vermeidet Pflugsohlen.
- Aufgesattelte Bodenbearbeitungsgeräte bevorzugen.
- Erhöhung der Bodenbedeckung mit Pflanzen oder Pflanzenresten durch Zwischenfruchtanbau, Gründüngung, Untersaaten und Erntereste vermindert die Erosionsgefährdung und verbessert das Bodenleben.
- Bodenbearbeitung und Saatreihen quer zum Gefälle und Intervallbegrünung in Fahrgassen senken die Erosionsgefährdung.
Eine Wiederherstellung wenig verdichteter Böden mit stabilem natürlichem Bodengefüge durch konsequente Lastbegrenzung und reduzierte Bodenbewirtschaftung ist nur über sehr lange Zeiträume möglich. Eine möglichst mehrjähriger Luzerneanbau auf tiefgründigen Böden ist in jedem Fall hilfreich.
Zur Reduzierung von Stoffausträgen müssen Lösungen entwickelt werden, die eine ackerbauliche Nutzung gewährleisten und gleichzeitig vor allem den Nitrataustrag spürbar reduzieren. Da die höchsten Austräge im Winterhalbjahr stattfinden, sind Stickstoffspeicher wie Zwischenfrüchte, Erntereste und hohe Humusgehalte hilfreich. Die Beregnung der Ackerböden während der trockenen Sommermonate muss optimiert werden, sodass ein zusätzlicher Austrag über das Sickerwasser vermieden wird. Ganz wesentlich ist die Berücksichtigung der Bodeneigenschaften, vor allem die Korngrößenverteilung und der Humusgehalt.
Sandige Böden und humusarme Böden neigen eher zur Nährstoffauswaschung als bindige und humusreiche Böden. Die Düngeverordnung und Merkblätter zur guten fachlichen Praxis im Ackerbau geben hierzu gute Hinweise und Vorgaben wie eine regelmässige Nährstoffbilanz, die den Entzug durch die Ernte, den Vorrat im Boden und den Bedarf der Folgekultur berücksichtigt. Dazu sind regelmäßige Bodenanalysen erforderlich.
Vieles ist bekannt und es fehlt die Umsetzung in die ackerbauliche Praxis, die geeignete Technik und sorgsam abgestimmte Förderprogramme. Manchmal fehlt auch die Bereitschaft Vertrautes loszulassen und Neues zu beginnen. Mit dem „Ackerboden“ als Boden des Jahres soll die gesellschaftliche Debatte über eine nachhaltige Nutzung der Ackerböden intensiviert werden. Der Schutz ertragreicher Ackerböden ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Die Politik muss den rechtlichen Rahmen für eine nachhaltige und bodenschoennde Ackernutzung setzen.