Archiv der Naturgeschichte
Böden bewahren nicht nur Spuren menschlicher Aktivitäten, sie erzählen auch die Geschichte der Natur selbst. Viele unserer heutigen Böden haben sich nach dem Ende der letzten Kaltzeit entwickelt, also in einem geologisch jungen Zeitraum. Doch unter ihrer Oberfläche finden sich oft Hinweise auf wesentlich ältere Umweltbedingungen. Solche Relikte früherer Bodenbildungen dienen als natürliche Archive, die Klima- und Landschaftsveränderungen über sehr lange Zeitspannen dokumentieren.

Vulkanboden (Andosol) im Kraterwall des Mosenberg-Vulkans bei Manderscheid in der Eifel. Geschmolzenes Gestein wurden vom Vulkan ringförmig um seinen Krater abgelagert. Beim Erkalten haben sich vulkanische Gläser entwickelt. Böden mit vulkanischen Gläsern reichern viel Humus an, sie sind locker und meist nährstoffreich. Diese besonderen und seltenen Böden sind Zeugnis der noch jungen vulkanische Naturgeschichte in der Eifel. © Gerhard Milbert, Kuratorium Boden des Jahres
In tieferen Schichten finden sich häufig Reste von Böden, die unter vollkommen anderen klimatischen Bedingungen entstanden sind. Diese sogenannten Paläoböden zeigen, wie sich Temperatur, Niederschläge oder Vegetation in der Vergangenheit verändert haben. Auch markante Naturereignisse sind im Boden eingeschrieben, etwa vulkanische Aschen, die sich über weite Gebiete ausbreiteten und bis heute als klare Zeitmarken in Bodenprofilen erhalten geblieben sind.
Eine besonders bedeutende Rolle spielen Moorböden. Sie wachsen über sehr lange Zeiträume und lagern dabei Schichten aus Pflanzenresten, Pollen und weiteren organischen Materialien ab. Dadurch dokumentieren sie präzise, wie sich Vegetation und Klima im Laufe von Jahrtausenden verändert haben. Ihre oft mächtigen Torfvorkommen sind wertvolle Archive für die Rekonstruktion früherer Landschaften und Klimaphasen.
Solche natürlichen Archive ermöglichen Geowissenschaften, Bodenkunde und Klimaforschung ein tiefes Verständnis früherer Umweltbedingungen. Sie zeigen eindrucksvoll, dass Böden nicht nur Lebensraum und Ressource sind, sondern auch ein langfristiges geologisches Gedächtnis besitzen – ein Gedächtnis, das weit in die Erdgeschichte zurückreicht.
Die Vielfalt der naturgeschichtlichen Archive ist groß. Unterschiedliche Prozesse, Gesteine, Klimaverhältnisse und Landschaftsformen führen zu einer breiten Palette an Böden, die jeweils ganz eigene Geschichten bewahren. In den folgenden Unterkapiteln finden Sie einen Überblick über wichtige Gruppen dieser Naturarchive – von fossilen Böden über spezielle Humusformen bis zu vulkanischen Aschen und Mooren:
- Moore
- Kolluvisole und Auenböden
- Böden aus vulkanischen Gesteinen
- Paläoböden
- Tschernoseme
- Böden aus Quell- und Sinterkalken
- Böden aus kreidezeitlichen und tertiärzeitlichen Lockergesteinen
- Salzböden
- Terrae fuscae
- Frostmusterböden und Brodelböden
- Fels- und Skeletthumusböden in Hochlagen
Diese Beispiele zeigen, wie vielfältig Naturgeschichte im Boden gespeichert sein kann – und wie wertvoll es ist, diese Archive zu erkennen, zu erforschen und zu schützen.