Wasserhaushalt

Das Wasserangebot ist die wesentliche Steuerungsgröße für das Wachstum und die Produktivität von Waldböden und die Vielfalt der Waldgesellschaften. Das Wasserangebot hängt vor allem vom Klima und der Wasserspeicherkapazität des Bodens ab. Die Wasserphase des Bodens ist der Reaktionsraum, in dem Lösungs-, Austausch- und Transportprozesse stattfinden, welche die meisten Bodenfunktionen zentral bestimmen. Da nahezu alle Pflanzennährstoffe aus der Bodenlösung aufgenommen werden, gibt es einen engen Zusammenhang zwischen der Waldernährung und dem Wasserhaushalt (Thünen-report 43). Die wesentlichen Steuerungsgrößen für die Wasserverfügbarkeit eines Waldes sind:

  • Nutzbare Wasserspeicherkapazität
    Die Wasserspeicherfähigkeit der Böden hängt von der Korngröße der Böden, der Korngrößenschichtung des Bodens, der Mächtigkeit der Bodendecke und dem Grus- und Steingehalte des Bodens ab.
  • Die Wurzelverteilung/der effektive Wurzelraum im Boden
    Die Wurzelverteilung entscheidet, aus welchem Tiefenbereich des Bodens Wasser von den Waldbäumen genutzt werden kann.
  • Klima und Witterung
    Das Klima/die Witterung mit den Kenngrößen Niederschlagshöhe und Niederschlagsverteilung sowie Durchschnittstemperatur, Dauer der Vegetationszeiten und Temperaturhöhe während der Vegetationszeit sowie Neigungsrichtung und Grad der Neigung von Hängen ist neben den Bodeneigenschaften die wichtigste Kenngröße für den Wasserhaushalt. Auch der artenspezifische Wasserbedarf der Bäume sowie der Kraut- und Strauchschicht sind wichtig.
  • Wasserbeeinflusste Böden wie Grundwasserböden, Auenböden und Stauwasserböden sowie Moore haben einen besonderen Wasserhaushalt, der häufig durch anthropogene Umgestaltung (Entwässerung) gesteuert wird.

Flachgründige, steinreiche und grobsandige Böden können nur sehr wenig Wasser für die Pflanzen zurückhalten (< 80 Liter/m²).

Rendzina aus kreidezeitlichem Kalkstein, nährstoffreich mit L-Mull als Humusform, flachgründig und sehr geringes Wasserspeichervermögen. © M. Dworschak,  Geologischer Dienst NRW

Tiefgründige, steinarme Böden aus schluffreichem Material (mehlige Bodenart) speichern am meisten pflanzennutzbares Wasser (> 200 Liter/m²).

Pararendzina aus weichselzeitlichen Eisablagerungen, hellgrauer Tonverarmungsbereich über braunem Tonanreicherungsbereich, nährstoffreich, tiefgründig mit sehr hohem Wasserspeichervermögen. © Gerhard Milbert, Kuratorium Boden des Jahres

Diese Speicherfähigkeit für Wasser ist mit unterschiedlich großen Eimern zu vergleichen, die das Niederschlagswasser für die Bäume im Wurzelraum des Bodens aufbewahren.

In unserem Klimaraum schwankt die Niederschlagsmenge zwischen < 600 und > 1.300 Liter/m² und Jahr. Die Verteilung der Niederschläge ist in durchschnittlichen Jahren etwa gleichmäßig über die Jahreszeiten verteilt. Je nach Niederschlagsmenge und -verteilung sowie Speichervermögen der Böden besitzen wir in Deutschland eine Wasserversorgung von trocken bis mäßig feucht auf Sickerwasserböden. Hinzu kommen wechselfeuchte bis staunasse Stauwasserböden mit einem jahreszeitlichen Wasserüberschuss, vor allem im Spätwinter und Frühling sowie feuchte biss nasse Grundwasserböden. Natürliche und naturnahe Wälder und Waldgesellschaften haben sich exakt auf dieses unterschiedliche Wasserangebot eingestellt. Ein Großteil der Wälder verbraucht für das Baumwachstum und die Wasserverdunstung von Blattoberflächen und der Bodenoberfläche 300 – 500 Liter pro m² während der Vegetationszeit. Der übrige Wasservorrat fließt in die Grundwasserneubildung.

Seit 1990 nehmen Trockenjahre mit Wassermangel in den Wäldern deutlich zu. Seit 1988 bis 2016 waren nur noch 5 Jahre mit sehr guter Wasserversorgung, in 20 Jahren seit 1988 war die Versorgung deutlich niedriger als im Vergleichszeitraum 1961 – 1990. Bedingt durch den Klimawandel sind in den zurückliegenden Jahrzehnen mehrfach sehr trockene Sommer aufgetreten, zum Teil mehrere Jahre hintereinander. Vor allem Fichtenreinbestände wurden durch die sommerliche Trockenheit stark geschwächt und von Borkenkäfern befallen und starben großflächig ab. In Nordrhein-Westfalen betrug die Fichten-Schadfläche 142.000 ha während der letzten 5 Jahre. Große zusammenhängende Fichtenflächen im Nationalpark Harz haben das Landschaftsbild vollständig verändert. Ein großer Teil der entwaldeten Flächen wird mit klimastabileren Laubmischwäldern wiederbewaldet oder eine Naturverjüngung mit Pionierbaumarten ersetzt die bisherigen Monokulturen.

Fichten-Schadflächen im Nationalpark Harz mit grünen Inseln überlebender Fichten, Trockenstress durch fehlende Niederschläge im Sommer und anschließender Befall durch Buchdrucker führen zum Absterben fast aller Fichten. Überlebt haben vorwiegend jüngere Fichten. Foto: Jan Evers